19.02.2015

FINISSAGE Mary Bauermeister im Kunstkabinett Hespert


Sonntag 15. Februar 2015

"In Hespert ist alles anders" - vor allem wenn eine Mary Bauermeister zur Lesung aus ihrem Buch "Ich hänge im Triolengitter" geladen hat. Dann müssten die Räume dehnbare Gummiwände haben um alle Besucher zu fassen. Dann wird aus Vortragender und Zuhörer eine "Kommunions-Gemeinschaft" wenn diese plötzlich einen frischgebackenen Laib Brot aus der Einkaufstüte zieht, ihn herumreicht und alle brechen sich ein Stück ab.

Mary Bauermeisters elf Jahre mit dem genialen Komponisten Karlheinz Stockhausen sind Thema ihres Buches. Lesung und spontanes Erzählen wechseln sich ab. Zu fast jeder Passage des Buches fällt ihr eine Erzählepisode oder ein kluger Satz ein. "Genies können ganze Völkerstämme erwärmen. Wenn man mit ihnen zusammenlebt, verbrennt man". Mehr sagt sie zu ihrer Ehe und Trennung von Stockhausen nicht. Es ist durch diesen einen Satz alles gesagt. "Dennoch: Ich weine noch heute, daß wir unsere Liebe nicht zu Ende leben konnten."

Der Zuhörer versteht, dass sie Muse, Motivatorin, aber auch das künstlerische Spiegelbild von Stockhausens Genie wird. Ihm, diesem strengen "Techniker" serieller Musik, welcher musikalische Parameter bis ins kleinste Detail strukturiert und plant, steht sie mit ihrer leidenschaftlichen, emotionalen Phantasie gegenüber. Befruchtet ihn, kämpft mit ihm, hilft ihm aus der Sackgasse der statischen seriellen Tonplanung heraus.

Faszinierend erzählt sie von der Begegnung Leonard Bernsteins mit Stockhausen und wie "Mozart in sie fährt". Wulfrin Lieske nimmt den Mozart-Faden auf und improvisiert spontan auf der Gitarre Papagenos Glockenspiel aus der Zauberflöte.

Die New Yorker Jahre mit dem Durchbruch Stockhausens als Erneuerer der szenischem Musik enden mit einem sehr persönlichen, innigen Liebesbrief an Bauermeisters große, nicht zu Ende gelebte Liebe ihres Lebens. Zeitgleich gelingt ihr ebenfalls der künstlerische Durchbruch. Die New Yorker Jahre werden zu den schaffensreichsten ihres Lebens durch "die Glut unserer Liebe".

Höflicher Beifall hätten diese persönlichen Bekenntnisse zerstört. So endet die Lesung in einem befreienden gemeinsam angestimmten Oberton unter der Leitung von Christian Bollmann.

Trotz "Finissage" ist die Ausstellung noch bis zum Samstag, 28. Februar 2015 geöffnet.

Gisela Kind